Kurkuma statt Humira: Ein natürlicher TNF-Blocker bei Morbus Crohn?
Wer schon einmal Humira oder Remicada einnehmen musste, um seinen Morbus Crohn zu bekämpfen, der ist vermutlich schon ganz unten angekommen. Diese sogenannten Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (Adalimumab, Infliximab, etc.) werden normalerweise als Ultima Ratio verwendet, wenn Kortison und Immunsuppressiva nicht mehr helfen (obwohl seit neustem auch immer mehr ein ‚Top-Down-Ansatz‘ verfolgt wird, nachdem man zunächst mit dem heftigsten Medikament beginnt und sich dann von dort runter arbeitet).
Ich für meinen Teil habe ein knappes Jahr lang dieses wundersame Mittel eingenommen, nachdem bei mir die höchsten Kortison-Gaben wirkungslos geblieben waren. Mit Humira ging es mir langsam besser, und zusammen mit meiner Ernährungsumstellung auf SCD war ich zum ersten Mal seit meiner Diagnose symptomfrei. Allerdings stellten sich nach einigen Monaten massive Nebenwirkungen ein: Ich bekam einen Neurodermitis-Schub wie ich ihn in meinem Leben noch nicht erlebt hatte. Da ich irgendwann außerdem ein Auslandssemester machte und unklar war, wer die Kosten im Ausland übernehmen würde (Eine wöchentliche Dosis kostet knapp 1000€) musste ich das Medikament wieder absetzen. Was ich allerdings seither weiß, ist dass der TNF-Hebel bei mir sehr gut gewirkt hat (das ist leider nicht bei allen Crohn-Patienten der Fall).
Was ist TNFɑ?
TNF ist ein Botenstoff, der maßgeblich an der Entzündungsreaktion beteiligt ist, wenn sich unser Körper beispielsweise gegen Bakterien zur Wehr setzt. Seine Bildung wird unter anderem durch die Präsenz von Endotoxinen produziert. Das sind Lipopolysaccharide, die sich in allen gramnegativen Bakterien finden und für unseren Körper das reine Gift darstellen. Gelangen diese Stoffe in unseren Körper, reagiert dieser mit der Produktion von TNF und startet damit eine Abwehr-Kaskade, die die Bekämpfung der Eindringlinge zum Ziel hat. Eigentlich ein wünschenswerter Prozess, doch wenn der Krieg nie gewonnen wird und ständig weiter schwehlt, richtet er mehr Schaden an, als unser Körper verkraften kann. Man weiß heute, dass die meisten chronischen Krankheiten (von Depressionen, Alzheimer und Multipler Sklerose bis zu Krebs und Autoimmunkrankheiten) in irgendeiner Art mit chronischer Entzündung zusammenhängen. Der Wunsch liegt demnach nahe, diese chronische Entzündungsreaktion abzuschwächen.
Wie wirkt Curcumin?
Zum Glück gibt es anscheinend ein natürliches Mittel, das nicht nur ähnlich wie die oben erwähnten TNF-Inhibitoren wirkt, sondern auch viel weniger (bzw. eher positive) Nebenwirkungen hat. Sicher habt ihr schon mal gehört, dass Kurkuma (bzw. das darin enthaltene Curcumin, ein sekundärer Pflanzenstoff) antientzündlich wirken soll. Was mir allerdings nicht klar war, ist dass das nicht nur eine Volksweisheit ist, sondern dass es tatsächlich solide Forschung zu dem Thema gibt. Und zwar nicht zu knapp.
Curcumin, der Stoff, der Kurkuma gelb macht, wurde schon auf die verschiedensten Wirkmechanismen hin untersucht und hat positive Ergebnisse bei chronischen Darmentzündungen, Diabetes, Pankreatitis, Sepsis, Psoriasis, Athritis, Krebs und noch vielen anderen erzielt. Der Grund für dieses breite Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten von Curcumin ist die große Zahl an Rezeptoren, auf die es Einfluss ausübt. Zu den wichtigsten gehört seine hemmende Wirkung auf den Botenstoff TNF. Allerdings beeinflusst es auch noch ein gutes Dutzend andere Mechanismen, die alle an der Entstehung von Entzündung beteiligt sind. Curcumin scheint dabei nicht nur die Produktion von TNF zu hemmen, sondern auch dessen Weiterverarbeitung und Kommunikation. Curcumin bindet außerdem direkt an die Lipopolysaccharide, die zur Entstehung von TNF führen und unterbricht damit gleich an mehreren Stellen die Entzündungskaskade. Das Wirkspektrum ist demnach viel größer als das von TNF-Hemmern wie Adalimumab oder Infliximab und seine Wirkungen scheinen synergetisch zu harmonieren, da sich selbst mit hohen Dosen keine Nebenwirkungen einzustellen scheinen (ganz anders als bei den oben erwähnten Medikamenten). Im Mausmodell wurden Dosen von bis zu 720mg*kg Körpergewicht getestet, ohne toxische Nebenwirkungen.
Eine sehr gute Übersicht über die Studienlage liefert dieses Review, das im British Journal of Pharmacology erschienen ist. Allein in diesem Review Artikel sind mehr als 200 Quellen aufgeführt, die die Wirkung von Curcumin untersuchen.
Wie nimmt man Curcumin am besten ein?
Kurkuma, das Curcumin enthält, gibt es in jedem Supermarkt. Noch günstiger ist es meist im Asiamarkt, wo man es in recht großen Packungen kaufen kann (da es in der indischen Küche so universell eingesetzt wird). Die schlechte Bioverfügbarkeit von Curcumin ist ein Problem, das immer wieder in Studien berichtet wird. Da Curcumin nicht wasser- sondern fettlöslich ist, wird es am besten aufgenommen, wenn man es mit etwas Fett zu sich nimmt. Am einfachsten ist das mit indischem Curry, denn da ist ohnehin Fett und Kurkuma drin. Das Kurkuma mit etwas Kokosöl anzurühren geht aber auch. Am besten ist es jedoch, frischen Kurkuma zu kaufen (der sieht ganz ähnlich aus wie Ingwer, nur etwas kleiner), denn in der vollen Knolle sind natürliche Öle enthalten, die die Aufnahme verbessern. Alternativ soll Pfeffer (bzw. Piperin) die Bioverfügbarkeit von Curcumin drastisch erhöhen! Eine weitere Möglichkeit ist es, Kurkuma auf leeren Magen einzunehmen. Eine Studie an Mäusen fand, dass der Stoff besser aufgenommen wurde, wenn er nicht zum Essen verabreicht wurde.
Ob es besser ist, Curcumin als teures Nahrungsergänzungsmittel mit dem Zusatz von Piperin oder Ähnlichem zu verzehren, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass auch hier gilt, was sich schon oft bewahrheitet hat: Wenn man die ganze Pflanze isst, dann hat man die besten Chancen auf Bioverfügbarkeit und Vermeidung von Toxizität.
Quellen:
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