Neue Studie zur ketogenen Diät bei Migräne
Vor Kurzem bin ich über den Podcast von Julia Tulipan gestolpert, in dem sie Elena Gross zum Thema Migräne interviewt hat. Elena ist Medizinerin und forscht an der Uniklinik Basel an Migräne und ist selbst seit jungen Jahren von der zermürbenden Krankheit betroffen. Mit Hilfe einer ketogenen Ernährung konnte sie ihre Symptome fast gänzlich in den Griff kriegen und hat heute nur noch dann Anfälle, wenn sie von ihrer Diät abweicht, oder extreme Stressphasen durchlebt.
Was ist Ketose und die ketogene Diät?
Bei der ketogenen Ernährung verzichtet man fast gänzlich auf Kohlenhydrate, sodass der Körper in einen Zustand gerät, indem er Fett (bzw. Ketone) statt Glukose als Energielieferant verwendet. Diesen Zustand nennt man Ketose. In Ketose gerät der Körper aber auch, wenn man fastet, also länger nichts (vor allem keine Kohlenhydrate) isst. Diesen Zustand dauerhaft zu halten ist allerdings relativ schwierig, da man seine Nahrungsaufnahme sehr strikt regulieren muss. Die ketogene Diät hat allerdings schon bei verschiedenen neurologischen Krankheiten zu Besserung geführt. Schon in den 50er Jahren wurde die ketogene Diät bei Epilepsie eingesetzt, die möglicherweise mit der Migräne verwandt ist.
Migräne = Energiedefizit im Gehirn
Die Theorie hinter dem Erfolg der ketogenen Diät bei Migräne ist, dass es ein Energie-Ungleichgewicht im Gehirn ist, das die furchtbaren Kopfschmerzen auslöst. Seit einiger Zeit empfehlen Mirgräne-Spezialisten daher, regelmäßig kohlenhydratreiche Mahlzeiten zu sich nehmen, um eine ausreichende Glukose-Versorgung im Gehirn sicherzustellen. Glukose kann im Körper allerdings nicht gut gespeichert werden (nur über den Umbau zu Fett) weshalb die Regelmäßigkeit der Nahrungsaufnahme wichtig ist, da sonst der Glukosespiegel schnell zu niedrig werden kann.
Die ketogene Diät begegnet diesem Problem auf andere Art und Weise: Wenn keine Glukose zur Verfügung steht, werden die Fettreserven des Körpers angezapft, woraus Ketonkörper gebaut werden, die genauso gut oder sogar besser als Glukose vom Gehirn als Energielieferant verwendet werden können. Da wir Fett super speichern können, ist eine ständige Verfügbarkeit von Energie somit sichergestellt.
Wir haben die Ketose verlernt
Das Problem ist, dass unser Körper durch unsere heutige Ernährung nicht mehr besonders gut darin ist, in den Zustand der Ketose zu gelangen, da wir eigentlich ständig Glukose zur Verfügung haben (da wir ständig irgendetwas kohlenhydrathaltiges essen). Der Körper muss sich also erst umstellen, und das dauert eine Weile. Wer auf eine ketogene Diät umstellt, erlebt es daher oft, dass er sich die ersten Tage schlapp fühlt, bis der Körper seine ‚Zuckersucht‘ überwunden hat. Bei Migränikern könnte das natürlich auch zu einem Anfall in den ersten Tagen führen. Dessen sollte man sich bewusst sein.
Keto ist nicht ohne
Es gibt noch andere Punkte, die gegen eine ketogene Diät sprechen und nicht unerwähnt bleiben sollten. Während dieser Diät wird dem Körper quasi vorgegaukelt, dass er verhungert, natürlich ohne dass er das wirklich tut. Die Mechanismen, die damit in Kraft treten, bleiben allerdings bestehen. Es kann vorkommen, dass der Hormonhaushalt durcheinander gerät und Frauen ihre Tage nicht mehr bekommen, da sich der Körper auf ‚harte Zeiten‘ einstellt. Es sollen sogar schon Leute an der Diät gestorben sein. Man sollte die Diät daher nicht unbedingt als Lifestyle, sondern als gezielte Therapie für neurologische Erkrankungen begreifen. Denn auf diesem Gebiet hat sie schon öfter Erfolge aufweisen können.
Migraket: Eine Studie zum Zusammenhang von Ketonen und Migräne
In dem Podcast mit Julia Tulipan erzählt Elena Gross von ihren eigenen Erfahrungen mit der Behandlung ihrer Migräne durch Diät und berichtet auch von ihrer aktuellen Studie, die zur Zeit (Stand Januar 2019) noch Teilnehmer sucht: https://www.headache.ch/migraket
In der Studie wird allerdings nicht die ketogene Diät getestet, sondern die Zufuhr exogener Ketone. Das heißt, dass die Ketonkörper, die normalerweise vom Körper produziert würden, über die Nahrung (oder per Infustion) zugeführt werden. Dieser Umweg wird gegangen, da eine Umstellung der Ernährung zu viele Unsicherheiten mit sich bringt. Zum einen kann man davon ausgehen, dass viele Probanden die restriktive Diät nicht durchhalten würden, zum anderen werden mit einer Ernährungsumstellung immer gleich so viele Faktoren in Nährstoff- und Allergenaufnahme verändert, dass es schwierig ist, den Effekt auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Falls die Gabe von exogenen Ketonen allerdings positive Effekte nach sich zieht, kann man davon ausgehen, dass auch eine ketogene Diät helfen würde.
Solche Exogenen Ketone gibt es mittlerweile auch als Nahrungsergänzung zu kaufen. Allerdings sind diese schrecklich teuer, schwer zu beziehen und sollen scheußlich schmecken. Im Vergleich zu chronischen Kopfschmerzen allerdings ein zu vernachlässigendes Übel.
Wenn ihr also jemanden kennt, der in der Nähe von Basel wohnt und an Migräne leidet, wäre das vielleicht eine super Gelegenheit, den Link weiterzuleiten und diese relativ ungefährliche Therapieform auszuprobieren.
Zuguterletzt hier noch ein Podcast mit Anita von www.himmelsglitzerdings.de, die auch mit einer LowCarb-HighFat-Diät ihre Migräne und außerdem ihr Gewicht in den Griff bekommen hat: https://www.podcast.de/episode/386165831 In diesem hört sich die Sache mit der Ernährungsumstellung gleich viel einfacher an, als es Elena berichtet. Vermutlich ist das eine sehr individuelle Sache.
Quellen
- Paoli, Antonio et al. “Ketogenic diet in neuromuscular and neurodegenerative diseases” BioMed research international vol. 2014 (2014): 474296.
- Sampaio, Letícia Pereira de Brito. (2016). Ketogenic diet for epilepsy treatment. Arquivos de Neuro-Psiquiatria, 74(10), 842-848.
- Martin, V. T. and Vij, B. (2016), Diet and Headache: Part 2. Headache: The Journal of Head and Face Pain, 56: 1553-1562. doi:10.1111/head.12952