Reisen mit Crohn #3: Glutenfrei in Shanghai
China ist wirklich nicht der Ort, an dem man Zöliakie haben will. Im Gegensatz zu Kambodscha, wo quasi nichts aus Weizen hergestellt wird, ist das Kraut in China ubiquitär. Die Sojasoße, die traditionell mit Weizen zubereitet wird, stellt dabei noch das kleinste Problem da, da beim Fermentationsprozess das Gluten aufgespalten wird und nicht mehr nachweisbar ist. Problematisch ist eher, dass Weizen gern als Paniermehl, für Nudeln und in Soßen benutzt wird. Die leckersten chinesischen Gerichte bestehen natürlich aus Weizenteig. Zwei der Dinge, die ich am meisten vermisse, seit ich mich glutenfrei ernähre, sind Jaozi und Baozi, chinesische Maultaschen und Dampfnudeln mit allerlei Füllungen..mmhhmmm…
Um sich das Leben zu erleichtern, empfiehlt es sich, die örtlichen Restaurant-Gewohnheiten zu beachten und in einer Gruppe immer viele Gerichte zu bestellen, bei denen sich dann jeder nach Belieben bedienen kann. Oft sitzt man dabei an einem großen runden Tisch mit vielen verschiedenen Töpfchen, Tellerchen und Schüsselchen in der Mitte, die auf einem Tablett die Runde machen. So kann man sich die weniger verdächtigen Stücke raussuchen und davon gibt es dann doch relativ viele. Sicherlich ist immer irgendwo ein Gemüse, dass nur mit Knoblauch angemacht ist und ein Fleischgericht, dass mit viel Chilis und etwas Sojasauße daher kommt. Besonders gut funktionieren auch kleine Läden in den Nebenstraßen, die nur 1-2 Gerichte anbieten, oder solche ‚Barbecues‘, wie wir eins entdeckt hatten: Dort stand enfach eine Vitrine mit seeehr viel Gemüse und Fleisch, das man nach belieben auf den Teller laden konnte und welches dann vor dein eigenen Augen auf den Grill geworfen wurde. Lecker! Hier habe ich sogar Hund probiert (auch lecker). Bei unserer Ankunft in dem kleinen Laden (in dem wahrscheinlich nur selten Langnasen vorbeikommen), wurde uns erstmal ein riesiger Topf voller scharf angemachter Schrimps vor die lange Nase gestellt und dazu lachend Plastikhandschuhe verteilt. Als wir nun mit Handschuhen bewaffnet anfingen, die Schalen der kleinen Tierchen aufzubrechen, stellte sich als nächstes die Frage wohin mit dem Abfall. Da der Tisch vorsorglich mit einer dünnen Plastikfolie überzogen worden war, sammelten wir einfach die Schalen auf demselben. In China hat man’s ja nicht so mit Entsorgung usw.. Als wir kurze Zeit später dann das Schauspiel bei einem Nachbartisch voller Einheimischer beobachteten, merkten wir sofort, dass wir doch nur unwissende Touristen sind, denn es brauchte weder Plastikhandschuhe (die Fischchen kann man auch mit Stäbchen komplett in den Mund stecken) noch Plastiktischdecke (die Reste werden einfach auf den Boden gespuckt)… naja.
Wenn ich allein unterwegs war, habe ich immer gern auf Eiergerichte zurückgegriffen (z.B. „The old grandmother scrambled eggs“). Zwar ist in China vieles, wenn nicht sogar alles, mit Zucker angemacht, aber um Zucker und auch Reis mache ich mir weniger Sorgen. Reis scheine ich sogar erstaunlich gut zu vertragen, wie ich schon auf meiner Reise nach Kambodscha festgestellt habe.
Auch beim Frühstück in China hat man viel weniger zu befürchten, als hier in Europa, wo Brot die Basis jeden Frühstücks ist. In China sieht das anders aus. Selbst (oder gerade) in günstigen Hotels gibt es immer Reis, gern mit Eiern, Pickles und Gemüse. Oft auch Nudeln oder Baozi, aber die lassen sich leicht umschiffen. Das Frühstück im Holiday Inn, in dem wir untergebracht waren (einer der wenigen Vorzüge einer Dienstreise: Die guten Hotels) war unübertroffen. Fisch, Suppen, eine Omlettestation, Speck, gedünstetes Gemüse, Reisgerichte, Fleisch in Sojasoße, Pfannengemüse, Obst, Pickles, und das alles nebst den üblichen Verdächtigen wie Brot, Käse, Konfitüren, Joghurt,Teigtaschen usw. Die Auswahl war schier unbegrenzt. Im Vergleich dazu: Auf meiner letzten Dienstreise nach Berlin wurde auch das Frühstück auf der Website des Hotels als besonders vielfältig angepriesen, allerdings gab es dort fast nichts, was ich ohne weiteres hätte essen können. (Außer gekochte Eier und Honig).
Natürlich war ich in Shanghai nicht völlig symptomfrei und habe immer noch Cortison genommen. Allerdings waren meine Symptome sehr viel weniger schlimm, als ich befürchtet hatte. Das mag unter anderem auch daran liegen, dass ich bewusst versucht habe, zu entspannen und jeden Morgen wenigstens zehn Minuten meditiert habe. Über Sinn und Unsinn von Meditation werde ich demnächst noch ausführlicher berichten. Fazit bis hier ist aber: Für Zöliakie-Leidende und solche, die anaphylaktisch auf Weizen reagieren, ist China sicher kein einfaches Pflaster. Ohne einen Übersetzer oder sehr viel Vorbereitung ist eine solche Reise sicher schwierig. Für alle, die keine solch unmittelbar dramatischen Reaktionen auf Gluten haben, kann ein China-Aufenthalt aber durchaus erfolgreich laufen.