Reisen mit Crohn #4: Die gesündeste Küche der Welt in Japan
Vor unserer Reise nach Japan hatte ich im Gegensatz zu Kambodscha überhaupt keine Bedenken. Im Gegenteil, die japanische Küche soll die gesündeste der Welt sein. Dass mir Reis bekommt, habe ich mittlerweile schon mehrfach getestet und vor allem der viele Fisch mit seinen entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren würde meinem Darm sehr gut bekommen. Ich habe mir richtig auf das Essen gefreut und wollte am liebsten ALLES ausprobieren (mit der Ausnahme von Weizen und Milchprodukten versteht sich).
Geht das? Glutenfrei in Japan?
Auf Milchprodukte zu verzichten ist in Japan wirklich keine große Sache, da diese einfach nicht zur japanischen Küche gehören. Ganz anders sieht das mit Weizen und Gluten aus. Da wäre zunächst einmal die omnipräsente Sojasoße. Auf diese zu verzichten ist nicht sonderlich einfach, wenn man nicht nonstop pures Sushi ohne Soße essen will. Sojasoße ist eigentlich in allen Dips, Soßen und Marinaden vorhanden. Das Problem dabei ist, dass Sojasoße immer auch Weizen enthält. Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Sojasoße wird fermentiert und durch diesen Prozess werden einige schädliche Stoffe unschädlich gemacht. So werden zum Beispiel die Lektine im Soja aufgespalten und das Gluten auf ein Minimum reduziert. Wer allerdings echte Zöliakie hat, sollte vermutlich auf Sojasoße verzichten. Ein Satz, der mir oft weitergeholfen hat, war „Ist hier Weizenmehl drin?“ -> „ここにこむぎこはいていますか?“ (Koko ni komugiko haiteimasuka?) und „Ich habe eine Weizen-Allergie -> „こむぎにアレルギーがあります。“ (Komugini arerugie ga arimasu).
Anders als ich erwartet hatte, waren auch sehr viele Gerichte mit Weizenmehl zubereitet. Vor allem die beliebtesten ‚Fast Food‘ Gerichte, nämlich Tempura (in Mehl gebackenes Gemüse / Fleisch), Ramen und Udon (Nudeln), Tonkatsu (eine Art paniertes Schnitzel) und Gyoza (Teigtaschen). Diese Speisen machten etwa 80% der kunstvoll gestalteten Plastik-Repliken in den Restaurant-Auslagen aus. Repräsentativ für die typische japanische Küche, wie sie im Alltag in einem durchschnittlichen japanischen Haushalt gekocht wird, sind diese Gerichte sicherlich nicht, aber sie sind genauso omnipräsent im Stadtbild wie hierzulande Pizza, Pasta, Döner und Currywurst.
Glutenfreie Alternativen in Japan
Zum Glück gibt es immer noch sichere Optionen, wenn man auf Weizen komplett verzichten möchte. Im Zweifelsfall kann man immer Sushi essen und man braucht auch keine Sojasoße dazu, denn die lenkt ohnehin nur vom wunderbaren frischen Fisch ab. Sehr empfehlenswert und super für Unterwegs sind Onigiris – in Algen gewickelte Reis-Dreiecke mit Füllung (z.b. gekochtem Lachs). Wenn man es mit dem Gluten nicht so genau nehmen muss, sich aber auch keine Weizenbombe in Form von Nudeln reinziehen möchte, ist mit einem Curry gut beraten, welches immer nach brauner Pampe aussieht, aber wunderbar schmeckt.
Wenn man traditionell ist, ist es auch plötzlich nicht mehr so schwierig, auf Weizen zu verzichten, wie es scheinen mag, wenn man sich auf den Touristenmeilen nur mit den bunten Auslagen fritierten Gemüses konfrontiert sieht. Als wir später in einem Ryokan auf einer Insel im Süden Japans abgestiegen waren, wurden wir liebevoll jeden Morgen und Abend von unserer Herbergsmutter bekocht. Die Auswahl der Speisen war wirklich sagenhaft und jedes Mal wenn man sich im Seiza vor den reich gedeckten Tisch setzte, dauerte es nicht lange, bis noch ein Schälchen Dies und noch ein Schälchen Das gebracht wurde und man sich fragen musste, wer das alles essen sollte. Am ersten Abend bestand das Dinner zum Beispiel aus:
- Sashimi von vier Sorten Fisch an Rettich und Wasabi
- Reis mit Algen und Pilzen
- Hühnchen, Tofu, Konjaku und Gemüse (Daikon, Lauch, Tomaten) in lecker Marinade
- Gebackener fliegender Fisch mit Zwiebeln und Salat
- Dazu 5 Sorten Pickles (Erdnüsse, Algen, eingelegter Rettich, Oktopus, Konjaku)
Tipps und Tricks der japanischen Küche
In Kyoto haben wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, einen Kochkurs zu besuchen. Zusammen mit 7 Anderen aus aller Welt haben wir 3 Stunden lang insgesamt 6 Gerichte gezaubert: Dashi-Suppe, Reis, Tomate an Mirin, Tofu-Salat, Tempura und Gyoza. Dabei habe ich einiges dazugelernt:
- In Japan wird eigentlich für alles der hierzulande unter dem Namen ‚Sushi-Reis‘ bekannte Reis verwendet. Der Unterschied liegt lediglich in der Zubereitung. Um den Reis richtig zu kochen, muss er zunächst gründlich gewaschen werden, dann 20 Minuten ziehen lassen und dann mit der gleichen Menge Wasser gekocht werden.
- Das Geheimnis aller Japanischer Suppen ist Dashi, welches aus Kombu (eine Alge) und Katsubuoshi (einem Fisch) aufgekocht wird
- Die kleinen, fertigen Gyoza-Hüllen gibt es auch aus Reismehl, diese sind allerdings fast unmöglich im Laden aufzutreiben
- Tempura wird eigentlich mit Kartoffelmehl gemacht
Mehr dazu werde ich nochmal in einem eigenen Post schreiben.
Warum die Japaner länger leben
Was macht die Japanische Küche nun so gesund? Man hört allenorts dass Japaner im Durchschnitt länger leben, gesünder sind, keine Ostheoporose bekommen und kein Übergewicht haben. Tatsächlich trifft man nur seeeehr selten irgendjemanden, den man als übergewichtig bezeichnen könnte und dieses Phänomen spiegelt sich auch in den winzigen Kei-Cars wider, die überall herumfahren. Plötzlich wird klar, warum die Autos im Amerika alle so riesig sind. Die Amerikaner haben nicht nur einfach mehr Platz, sie sind auch im Schnitt alle viel breiter (und länger).
Meine persönliche Theorie (ohne dass diese in irgendeiner Form wissenschaftlich erwiesen wäre) ist, dass es vor allem der viele Fisch und außerdem die Algen sind, die die Japaner so lange leben lassen. Fisch ist eigentlich an der Tagesordnung, und wie wir wissen hat dieser wunderbar viele entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren. Algen sind ein Lebensmittel, dass hierzulande viel zu selten gegessen wird, denn es enthält viel Jod und ist auch eine der wenigen (wenn nicht sogar die einzige) Quelle für menschlich verwertbare Formen von Omega-3, nämlich EPA und DHA.
Während bei uns Weizen und Gluten DAS Grundnahrungsmittel in Form von Brot, Nudeln und Gebäck ausmacht, ist es in Japan der sehr viel harmlosere Reis. Weizen ist eher ein Addon in einigen Gerichten und bei weitem nicht so omnipräsent wie bei uns. Möglicherweise gibt es sogar einen Unterschied zwischen den Formen von Weizen, die hier und dort angebaut werden. Als ich mich mit meiner Japanisch-Tutorin (die in London lebt) über das Thema unterhielt, meinte diese, dass sie in England in Europa eine Weizen-Allergie entwickelt hätte. In Japan könne sie aber glutenhaltiges ohne Probleme essen. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass das Gros der Nahrung derartig gesund und entzündungshemmend ist, dass es eine Weizensensitivität kontakariert.
Wenn man sieht, was die Japaner zwischendurch snacken und zum Mittag verspeisen, wundert man sich auch nicht mehr groß über die Fitness dieses Volkes. Bei uns gibt es an jeder Ecke Sandwiches, Gebäck und Fritten, in Japan Sushi, Nigiri und Pickles. Die Japaner scheinen eine ganz andere Liebe zu ihrer traditionellen Küche zu empfinden als wir Deutschen. Aber ob wir auch alle gesünder wären, wenn wir so essen würden wie bei Großmuttern…. wer weiß.