Rückblick 2014 – 2018: Was bisher geschah
Ein neues Jahr ist ja immer ein ganz guter Zeitpunkt, das alte Revue passieren zu lassen. Allerdings möchte ich gern etwas weiter zurück gehen, denn meine Reise begann schon im Jahr 2014 als mich mein erster heftiger Morbus Crohn Schub vollig ausknockte. Damals war gerade das Buch „Darm mit Charme“ von Giulia Enders erschienen, was mich zum ersten Mal für die komplexen Vorgänge in unserem Darm sensibilisierte. Kurz darauf bin ich zum ersten Mal auf die Idee gekommen, nach Ernährungsempfehlungen zu Morbus Crohn auf englisch statt auf deutsch zu suchen und stieß so auf die Spezielle Kohlenhydratdiät (SCD), von der viele Betroffene schwärmten.
Die SCD zeigt Wirkung
Ich fing sofort an mit der sogenannten Intro-Diät, die im Prinzip aus Hühnersuppe und Rührei bestand und konnte damit meine täglichen Toilettenbesuche von heute auf morgen von über 10 auf etwa 3 reduzieren. Das Ergebnis machte mich völlig euphorisch und ich fühlte mich unbesiegbar, weshalb ich viel zu schnell weitere Nahrungsmittel (vor allem Nüsse) einführte, die meinem entzündeten Darm gar nicht gut bekamen. Etwa ein halbes Jahr später machte ich deshalb einen Cut und fing noch einmal von vorne an, mit gedünstetem Gemüse und Leichtverdaulichem. Auf die Art gelang es mir, gegen Ende 2015 zum ersten Mal seit meiner Diagnose wirklich symptomfrei zu sein. Zumindest, was den Crohn anbelangte.
Kein Crohn, dafür ein Neurodermitis-Schub
Denn ganz anders sah es mit meiner Neurodermitis aus. Diese stand in voller Blüte. Meine ganze Kopfhaut war mit einer dicken Schicht nässender, entzündeter Krusten überzogen, die ich mir ständig aufkratzte. Es war so schlimm, dass auf Kopf einen riesigen kahlen Kreis trug, den ich nur noch mit Mühe mit den restlichen Haaren kaschieren konnte. Der Kopf war allerdings bei weitem nicht die einzige betroffene Stelle. Ich hatte Ekzeme überall, wo ich Haare hatte. Dazu kamen noch kleinere und größere Pickel am ganzen Körper und zwei Abszesse, die schließlich aufgeschnitten werden mussten.
Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass ich zu dieser Zeit noch auf einer recht hohen Dosis Humira (ein Biological, das Teile des Immunsystems unterdrückt) war. Später las ich, dass Hautprobleme und Ekzeme scheinbar ein relativ häufiger Nebeneffekt von der Einnahme sei, weshalb ich das Medikament absetzte und wieder auf Kortison umstieg. Zugegebenermaßen war das aber bestimmt nicht der einzige Grund für meine Ausschläge. Nahrungsmittel spielten sicherlich eine ebenso große Rolle. Da ich auf der SCD auf vieles verzichtete, aß ich stattdessen andere Dinge, von denen ich eigentlich wusste, dass ich sie nicht vertrage. Erdnussbutter war ein gern gesehener Gast in meinen Gerichten, obwohl mir schon meine Mutter immer gesagt hatte, dass ich von Erdnüssen Ausschlag bekomme. Sesam bzw. Tahini war sicherlich ein weiterer Übeltäter. Den Zusammenhang stellte ich allerdings erst fest, nachdem ich für teures Geld eine ganze Neurodermitis-Pflegereihe gekauft hatte und davon am ganzen Körper kleine Pickel bekam. Wie sich herausstellte, war in dem teuren Stoff Sesamprotein enthalten.
Von SCD zu AIP
Da die momentane Ernährung offenbar meiner Haut nicht gut tat, suchte ich nach Alternativen und las das von einer Freundin empfohlene Buch von Sarah Ballantyne „Die Paläo-Therapie“, worin das Paleo-Autoimmunprotokoll (AIP) als hilfreich für alle Autoimmunerkrankungen beschrieben wurde. Zwar ist Neurodermitis keine Autoimmunerkrankung, versuchen wollte ich es trotzdem. Tatsächlich waren nach wenigen Tagen meine Abszesse letztlich ausgeheilt und meine Pickel verschwunden, aber meine Haut begann nur sehr langsam zu heilen. Das ist offenbar ein generelles Problem bei Hauterkrankungen: Da die Haut als Organ nicht so lebenswichtig ist, wie z.B. der Darm, kümmert sich der Körper erst dann um ihre Heilung, wenn die drängenderen Baustellen bedient sind. Wenn man demnach noch größere Gesundheitsprobleme hat, dann kann es mit der Heilung der Haut schon mal ein halbes Jahr dauern.
Da mir das nicht schnell genug ging, ging ich letztendlich zu einer totalen oligoallergenen Eliminationsdiät über und aß wochenlang nur noch Fleisch, Brokkoli und Gurken. Mit meiner Haut ging es langsam aber stetig bergauf, mit meinem Darm ging es allerdings seit dem Absetzen von Humira wieder langsam bergab. Das Kortison hatte ich nämlich auch schon auf ein Mimimum reduziert, da ich keine Lust auf große Nebenwirkungen hatte.
Symptomfrei im Urlaub
Im Oktober 2016 dann kam die Probe aufs Exempel, als ich mit meinem Freund Urlaub in Kambodscha machte. Keine Chance dort irgendjemandem zu kommunizieren, welche Unverträglichkeiten man hat. Ich aß also alles, solange es nicht nach Milch oder Gluten aussah (was in Kambodscha erstaunlich einfach ist, denn diese Produkte sind dort nicht beheimatet). Und siehe da: Meinem Bauch ging es fantastisch, bis auf einen einzigen Tag, als ich mal mies drauf war.
Seitdem wusste ich, dass ich Reis problemlos in rauen Mengen essen kann und bewegte mich nun in einem Feld zwischen Paleo, AIP und SCD. Zwischendurch probierte ich dann nochmal eine low-FODMAP-Diät, bei der man viele fermentierbare Kohlenhydrate weglässt, die die Leibspeise einiger Bakterien sind, was auf jeden Fall unangenehme Blähungen reduzierte.
Was habe ich dabei gelernt?
Meine Erkenntnisse aus den letzten 4 Jahren sind eigentlich folgende:
Die Psyche
Der Faktor, mit dem ich meine Krankheit am besten regulieren kann, ist die Psyche. Wenn ich mich mit irgendjemandem streite, oder ich anderweitig Stress habe, merke ich das sofort und mit aller Härte. Dabei scheint es nicht mal Stress auf Arbeit oder lange Arbeitstage zu sein, sondern vielmehr zwischenmenschliche Konflikte oder Situationen, die einen nachts nicht schlafen lassen. Seit ein paar Wochen betreibe ich gezielte Autosuggestion und rede mir immer wieder ein, dass mein Darm ‚gesund und stark‘ ist und mir geht es damit sehr viel besser.
Die Zubereitung
Noch etwas wichtiger als die Frage, WAS ich esse, scheint mir zu sein, wie es zubereitet ist. Roher Salat ist für mich nichts, grüne Smoothies bereue ich auch am nächsten Tag meistens und mein heißgeliebtes Ofengemüse darf ich nicht mehr ganz so schwarz grillen. Wenn es meinem Darm mal richtig schlecht geht, dann gehe ich einfach ein paar Tage auf Suppe und Gekochtes zurück und schon geht’s wieder bergauf.
Kreuzallergien
Für die Neurodermitis kann ich definitiv einige Trigger ausmachen, die offenbar von Kreuzallergien zu meinem Heuschnupfen herrühren. Das sind vor allem Erdnüsse, Haselnüsse, Sesam, Kiwi, grüne Äpfel und Datteln und vermutlich noch einige Obstsorten mehr, die ich noch nicht zu 100% identifizieren konnte.
Neurodermitis und Morbus Crohn bedingen sich
Bis heute habe ich den Eindruck, dass sich mein Crohn und die Neurodermitis in ihrer Intensität abwechseln. Kaum geht es meinem Bauch so richtig gut, blüht irgendwo ein Ekzem wieder auf. Meine Heilpraktikerin erklärte mir, dass das daran liegt, dass Neurodermitis bzw. Morbus Crohn mit einer Th1 bzw. Th2-Antwort des Immunsystems einhergehen, welche sich gegenseitig unterdrücken (siehe z.B. hier).
Und wie geht es mir heute?
Ich kann mit einiger Überzeugung sagen, dass ich sehr zufrieden mit meinem heutigen Gesundheitszustand bin. Ich nehme keinerlei Medikamente, was bei einem Morbus Crohn mit chronischem Verlauf unerhört ist und meine Symptome halten sich in Grenzen. Seit ich angefangen habe mit gezielter Autosuggestion und Meditation geht es sowohl meiner Haut als auch meinem Bauch sehr gut und ich habe nur an wenigen Tagen noch größere Beschwerden.
Was ich deshalb als Tipp weitergeben kann ist: Habt Geduld und habt Hoffnung, denn man wird nicht über Nacht krank und genauso wenig über Nacht wieder gesund.