Schmutz im Schampoo – Die heimliche Invasion der Kosmetikbranche durch das Mikrobiom
Stuhltransplantation war gestern. Die Rolle der Kleinstlebewesen in unserem Darm ist zwar noch weit davon entfernt völlig erforscht zu sein, aber dass Bakterien – und zwar eine möglichst große Vielzal – in unserem Verdauungstrakt für unsere Gesundheit unerlässlich sind, ist für viele schon ein alter Hut. Selbst bei Aldi kann man heutzutage probiotische Joghurts kaufen, obwohl vielen Konsumenten vermutlich nicht klar ist, dass sich darin lebende Bakterien befinden, sonst würde das Zeug ja keiner kaufen. Ähnlich scheint es mit Kosmetikartikeln zu sein.
Gestern stieß ich in einem Blog über Neurodermitis auf einen Test einer Creme von La Roche-Posay (Lipikar Baume AP+), die offenbar ein Bakterium enthält, das für das Gleichgewicht der Hautflora sehr vorteilhaft sein soll. Ich machte mich auf die Suche und fand das entsprechende Produkt auf der Website von La Roche: „Die Innovation Aqua Posae Filiformis hilft dabei das Mikrobiom (mikrobakterieller Schutzmantel der Haut) wieder ins Gleichgewicht zu bringen“. Von Bakterien in der Creme – nichts zu lesen. Wahrscheinlich hat man Angst, sich die Kunden zu vergraulen, denn seit der Erfindung der Seife (ja ja, das war schon eine gute Sache, so insgesamt), aber spätestens seit wir beweglich genug sind, um in Pampers durch den Dreck zu krabbeln, wird uns weisgemacht, dass Bakterien zu bekämpfen sind.
Ganz anders macht es Mother Dirt. Hier ist man stolz auf seine Mikroorganismen. Die Idee stammt von David Whitlock, Chemiker, der sich fragte, warum sich Pferde stets im Dreck wälzen und die Antwort prompt in ein Produkt umwandelte: Durch das Wälzen im Dreck nehmen Pferde Bakterien auf, die essentiell für die Gesundheit ihrer Haut sind. Die Bakterien, die Ammoniak abbauen und normalerweise auf unserer Haut leben, aber durch unser tägliches Waschen flöten gehen, gibt es nun im Mother Dirt Spray AO+ Mist zur Rekolonisation zu kaufen. Whitlock selbst hat seit 12 Jahren nicht geduscht und scheint nach eigenen Angaben nicht zu stinken. Die Mikroorganismen bauen die unangenehm riechenden Stoffe ab. Leider sind die Versandkosten nach Deutschland ziemlich hoch, aber wir werden uns demnächst mal eine Runde bestellen und an dieser Stelle berichten.
Wer vor den Kosten zurückschreckt, kann sich solange vielleicht mit einer Naturseife von savion begnügen. Deren Produkt Haarseife EM-A heißt so, da es „Effektive Mikroorganismen-Aktiviert“ enthält. Dabei handelt es sich laut Hersteller vor allem um Milchsäurebakterien und solche, die für Photosynthese zuständig sind. Wie die Bakterien nach der Wäsche auf der Kopfhaut bleiben, ist mir noch nicht ganz klar, aber eine Versuch ist es allemal wert.