Was aus dem Tuebiom Projekt geworden ist
Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte ich berichtet, dass eine Forschergruppe in Tübingen Stuhlproben gesammelt hatte, da man das ehrgeizige Ziel verfolgte, eine riesige Datenbank aufzustellen, in der man sein eigenes Mikrobiom mit dem von anderen Gruppen (zum Beispiel Rauchern, Kranken oder Jungen) vergleichen können sollte. Ich war damals hellauf begeistert und habe direkt alle meine Freunde und Verwandte aufgefordert, ihre Stuhlproben einzusenden. Viele sind dem auch nachgekommen und seither saß ich alle paar Wochen voller Spannung vorm Rechner um die Ergebnisse meiner Proben einzusehen. Doch ich las immer nur die Zeile ‚es liegen noch keine Ergebnisse vor‘ in meinem Account. Einmal rief ich sogar im Institut an und fragte nach, woraufhin man mir mitteilte, dass es bis zu 4 Monate dauern könnte, bis die Ergebnisse da seien.
Die Abstände, in denen ich meinen Account checkte wurden danach immer größer und ich ahnte langsam, dass ich nicht mehr mit Ergebnissen zu rechnen hatte, zumal es allen meinen Bekannten genauso erging.
Von 6000 Einreichungen wurden nur 170 ausgewertet
Ich hatte die Sache schon längst vergessen, als mich vor ein paar Tagen ein Gespräch daran erinnerte und ich aus reiner Neugier auf die Website des Tuebiom Projekts ging, um mal zu sehen, ob sich irgendetwas getan hätte. Und siehe da: Was ich fast schon erwartet hatte, ist eingetreten: Das Projekt scheint auf halber Strecke leider gestorben zu sein. Von den 6000 Proben, die eingesandt wurden, wurden ‚exemplarisch‘ gerade mal 170 ausgewertet. Offenbar gab es eine ganze Reihe an Problemen, mit denen sich die Forscher konfrontiert sahen und die das Projekt letztlich scheitern ließen. Zum einen waren viele Proben unbrauchbar (da Teilnehmer formale Bedingungen nicht erfüllt hatten oder die Proben nicht genug DNA enthielten), desweiteren habe sich in der weltweiten Forschung so viel getan, dass viele Parameter nicht ausgewertet werden konnten. Die Tübinger räumen allerdings auch methodische Fehler ein und reden von Umstrukturierungen in Labor und Team. Man kann nur spekulieren, was das genau bedeutet, aber die Fülle an Gründen, die hier für das Scheitern genannt wird, legt nahe, dass so schnell kein zweiter Versuch in dieser Richtung gestartet werden wird, was sehr bedauernswert ist.
Das Feld der Mikrobiomforschung hat sich dynamisch weiterentwickelt. Im Verlauf des Projekts haben sich neue Erkenntnisse ergeben, auf Grund derer nur ein Teil der Proben analysiert werden konnte. Infolge methodischer Fehler beim Qualitätsmanagement und der Probenlagerung wurde das Tübiomteam sowohl personell in der Projektleitung als auch methodisch im Labor umstrukturiert und neu aufgestellt.
https://www.tuebiom.de/
Die Ergebnisse, die die Forscher aus den 170 untersuchten Proben gewinnen konnten, sind folgende:
- Den größten Teil der Darmpopulation machen Firmicutes aus. Diese verstoffwechseln offenbar vor allem Kohlenhydrate und produzieren daraus kurzkettige Fettsäuren (die sehr gut für unser Immunsystem sein sollen)
- Der zweitgrößte Teil gehört zur Gruppe der Bacteroidetes
Soweit, so unspektakulär. Zusammenhänge zu vorliegenden Erkrankungen konnten leider nicht gezogen werden und der Grund dafür ist vermutlich auch der, der da ganze Projekt scheitern ließ: Das Mikrobiom einzelner Personen ist derartig variabel, dass es kaum möglich ist, von einzelnen Proben auf eine kranke oder gesunde Darmflora zu schließen.
Stuhlanalysen sind kein leichtes Unterfangen
Was ich in diesem Zusammenhang leider nicht bewerten kann, ist die Methodik der Konservierung und Auszählung der Bakterien. Was mich damals schon stutzig gemacht hatte war jedenfalls, dass ich immer wieder von grundlegender Kritik an der Idee der Stuhlanalyse las, da nicht klar ist, ob die Bakterien, die sich tatsächlich im Darm tummeln, die, die den Darm verlassen und die, die im Auswertungslabor ankommen wirklich die gleichen sind. Zum einen kann nur ein Bruchteil unserer Darmbewohner unter Sauerstoff überleben und zum anderen vermehren sich die anderen munter weiter auf dem Weg ins Labor. So groß der Hype um die Stuhlanalyse anfangs war, so groß scheint mittlerweile die Ernüchterung zu sein. Nicht nur aufgrund der schwierigen Methodik, sondern eben auch, weil man noch gar nicht genau weiß, was man mit den Ergebnissen anfangen soll. Ob das Tübinger Projekt allerdings mit diesen Problemen zu kämpfen hatte, vermag ich nicht zu beurteilen.
Fest steht jedenfalls, dass wir noch ganz am Anfang dieses wahnsinnig spannenden Forschungsgebietes stehen und es noch viel zu entdecken gibt. Dass die Tübinger sich in diesem Fall etwas zu viel vorgenommen haben ist dabei nur ein kleiner Wehmutstropfen.
Vielen Dank für den Bericht zum Scheitern des Projektes TueBiom. So weiß ich nun wenigstens, was aus meiner Probe geworden ist.
Schade, ich fand Tübiom auch interessant. Die Bedenken hinsichtlich Sacherstoff und Weg zum Labor können aber nicht relevant sein. Es wurde ja genetisch DNA- basiert getestet, also auf genetische Spuren und nicht nach lebenden Bakterien gesucht. Ds gibt es inzwischen auch bei kommerziellen Labors, dennoch ist natürlich weiterhin fraglich wie diese Ergebnisse zu bewerten sind ( wie soll überhaupt eine gesunde Darmflora aussehen?)
Die Tübinger haben jetzt eine neue Homepage und bieten sogar ein Produkt an (offenbar geht es aber nicht nur ums Darmmikrobiom, sondern auch Ernährung und Medikamente.) Was hältst Du davon? (findet man unter http://www.cemet.de)
Vielen Dank für den Hinweis! Sehr interessant, ich werde mir das demnächst mal genauer anschauen..
Hallo Katrin, ich habe nun einen eigenen Artikel dazu geschrieben: http://s100023391.ngcobalt39.manitu.net/worldwithin.de/was-aus-dem-tuebiom-projekt-geworden-ist-2-eine-neue-pille-gegen-fett
Vielen Dank für diesen informativen Beitrag.
Danke für die Information. Dann kann ich die Unterlagen dazu auch endlich wegwerfen, die mir gerade wieder untergekommen sind 😉