Was ist gesunde Ernährung? Teil I: Gemüse + Obst

Jeder der anfängt, sich mit dem Thema gesunder Ernährung zu befassen, wird sehr schnell feststellen, dass die Meinungen darüber, was gesund ist, sehr weit auseinander gehen können. Da hätten wir auf der einen Seite die Veganer und Vegetarier, auf der anderen die Paläo-Anhänger und Carnivoren, die Vertreter basischer, ketogener, regionaler, rohköstlicher, biologischer oder fettarmer Ernährung. Im Zeitalter des Internets wird die Informationsdichte immer größer und die Verwirrung gleich mit ihr. In diesem schier undurchdringbaren Irrwald von Informationen und Meinungsmachern kann es zu einem frustrierenden Unterfangen werden, zu versuchen, das ‚Richtige‘ zu tun und die ‚Wahrheit‘ zu finden. Jede Strömung hat ihre Argumente und zumeist auch ihre wissenschaftlichen Hypothesen und sogar Studien, um ihre Sicht der Dinge zu untermauern. Tatsächlich bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass jeder irgendwie recht hat und in den meisten Behauptungen wenigstens ein Funken Wahrheit steckt und somit jede Ernährungsform ihre Berechtigung hat. Problematisch wird es dann, wenn Dinge verallgemeinert werden oder aus Studien falsche Schlüsse gezogen werden oder nur eine Seite der Medaille betrachtet wird. Erschwerend kommt noch hinzu, dass meist überhaupt nicht bedacht wird, dass wir Menschen mit unterschiedlichen genetischen Voraussetzungen ausgestattet sind und uns möglicherweise stark darin unterscheiden, welche Lebensmittel gut oder schlecht für uns sind.
Ich kann von mir keineswegs behaupten, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, trotzdem möchte ich den Versuch einer Übersicht über das Thema wagen:
Gemüse
Fangen wir mit der Lebensmittelkategorie an, bei der es am wenigsten Kontroverse gibt. Beim Gemüse sind sich eigentlich alle (mal abgesehen von den Carnivoren) einig: Je mehr, desto besser. Gemüse ist wahrscheinlich das wichtigste und gleichzeitig das am kläglichsten vernachlässigte Lebensmittel in unserer heutigen Ernährung überhaupt. Nirgendwo sonst finden sich so viele Mineralstoffe und Vitamine im Verhälthnis zu so wenig Kalorien wie hier. Die empfohlene Tageszufuhr an Gemüse beträgt 5 Portionen (etwa fünf Fäuste voll), allerdings haben Studien gezeigt, dass der Schutz vor diversen Krankheiten, wie Herzinfarkt oder sogar Krebs, proportional zur Menge, die wir verzehren, ist, auch weit über 5 Portionen hinaus. Mehr ist hier definitiv mehr. Gemüse liefert uns (fast) alle Bausteine, die unser Körper braucht, um die vielen komplexen Prozesse in seinem Inneren am Laufen zu halten und viele dieser Stoffe kann der Körper weder allein herstellen, noch gut lagern (beispielsweise Vitamin C), weshalb es wichtig ist, jeden Tag ausreichend Gemüse zu essen. Dabei ist es am besten, öfter mal etwas neues zu essen, denn unterschiedliche Sorten enthalten natürlich auch unterschiedliche Nährstoffe. Gemüse liefert uns außerdem krebs-vorbeugende Antioxidantien und wichtige sekundäre Pflanzenstoffe. Die Devise lautet hier: Eat the rainbow! Denn vor allem kräftige Farben in Obst und Gemüse sind ein Hinweis auf verschiedene Nährstoffe. Als besonders entzündungshemmend gelten zum Beispiel Kurkuma (das dem Curry seine kräftige gelbe Farbe gibt) und Blaubeeren.
Kochen oder nicht?
Oft hört man, dass man das Gemüse roh essen sollte, um in den Genuss all seiner Nährstoffe zu kommen. Das stimmt nur teilweise. Einige Vitamine können beim Kochen tatsächlich zerstört werden. Zum Beispiel ist Vitamin C eher empfindlich und kann hohe (und übrigens auch zu niedrige) Temperaturen nur schwer ertragen. Anderen Stoffen macht das Erhitzen allerdings überhaupt nichts aus (zum Beispiel den meisten B-Vitaminen) und manche Stoffe werden durch Verarbeitung wie Kochen oder Fermentieren überhaupt erst für den Körper verwertbar. Am besten ist es also auch hier zu variieren.
Selbst das Unverwertbare ist wichtig
Die sogenannten ‚Ballaststoffe‘ heißen so, da sie für uns Menschen nicht direkt verwertbar sind, keine Kalorien und auch sonst keine Nährstoffe enthalten, die wir aufnehmen könnten. Das macht sie allerdings alles andere als wertlos. Stattdessen bilden diese Pflanzenfasern die Nahrungsgrundlage für unsere Darmbewohner, unser Mikrobiom. Warum wir auf unsere Darmbakterien gut acht geben sollten und was diese im Körper alles bewirken können, wäre an dieser Stelle zu weit gegriffen (Und darüber gibt es ganz hervorragende Bücher).
Wenn man nun um die Bedeutung von Gemüse für unsere Gesundheit weiß und sich überlegt, wie wenig davon auf dem durchschnittlichen Mittagstisch landet (denke: Erbsen und Möhren aus der Dose oder maximal ein grüner Salat mit Zucker-Dressing) dann wundert es eigentlich, warum alle nicht noch viel kränker sind, als sie es sind. Die Antwort ist wahrscheinlich, dass sich viele Symptome so subtil und schleichend äußern, dass sie gar nicht als ‚krank‘ erkannt werden. Macht doch spaßeshalber mal den Test in eurem Freundeskreis und schaut, wer täglich auf der Toilette eine so perfekte Wurst fabriziert, dass er sich danach nicht mal den Hintern abwischen muss. Denn so sollte es eigentlich sein.
Wenn man darüber redet, welche Nahrungsmittel man bei Paleo o.Ä. alle weglässt, hört man oft als Antwort, dass man dann ja gar nichts mehr essen könne. In wirklichkeit ist allerdings die Auswahl an Gemüse im durchschnittlichen Supermarkt sehr viel ausgefallener als die von beispielsweise Käse. Hier mal eine Liste an Gemüsesorten, die man probieren könnte:
- Artischocke
- Aubergine
- Avocado (eigentlich eine Frucht, hat aber kaum Zucker)
- Blumenkohl
- Bohnen
- Brokkoli
- Chinakohl
- Erbsen
- Fenchel
- Grünkohl
- Gurke
- Karotten
- Kartoffeln
- Knoblauch
- Kohlrabi
- Kürbis
- Lauch
- Mangold
- Mais
- Paprika
- Pastinake
- Pilze
- Radieschen
- Rettich
- Rosenkohl
- Rotkohl
- Rucola
- Schalotten
- Schwarzwurzel
- Spargel
- Sellerie
- Spinat
- Steckrübe
- Süßkartoffel
- Tomaten
- Topinambur
- Wirsing
- Zucchini
- Zuckerschoten
- Zwiebeln
Obst
Für Obst gilt im Prinzip das gleiche wie für Gemüse. Auch hier finden sich super viele wichtige Nährstoffe. Der einzige Unterschied ist, dass Obst naturgemäß auch sehr viel Zucker enthält, den man nur in Maßen genießen sollte. Beeren sind hier ein ganz guter Mittelweg. Diese sind supergesund und enthalten verhältnismäßig wenig Zucker.
Gemüse ist möglicherweise der Grund, warum jede Ernährungsform oder Diät erstmal Besserung bringt und es für jede einzelne Berichte von Wunderheilungen von einer Vielzahl von Krankheiten gibt: Sei es Veganismus oder Paleo: Alle legen einen Fokus auf Gemüse, der sich in der durchschnittlichen Alltagsküche bei uns nicht findet. Dass das sofortige Besserung für allerlei Leiden bringen kann, ist nicht verwunderlich.