Was meine Großtante mir vererbt hat / Abenteuer Stuhltransplantation
Vor zwei Wochen (etwa) war es so weit: Ich hatte die Nase voll von Brokkoli und Blumenkohl und der Tatsache, dass zwar meine Neurodermitis besser, mein Darm dafür aber wieder schlechter geworden ist. Ich hatte die fixe Idee, als nächste Maßnahme eine Stuhltransplantation zu versuchen.
Zwar ist dieses Verfaren in Deutschland nur zur Behandlung von Chlostridium Difficile zugelassen (da allerdings mit beachtlichen Ergebnissen), aber das Internet wäre nicht das Internet, wenn es nicht zu allem und jedem Informationen bereitstellen würde. Die beste Ressource ist hier the power of poop, wo es Informationen dazu gibt, wie man die Prozedur zu Hause durchführen kann, welche Tests man vornehmen muss, etc.
Für die meisten besteht die größte Herausforderung darin, einen geeigneten Spender zu finden. Dieser sollte nämlich möglichst kerngesund sein, nie Antibiotika genommen haben, eine gesunde Ernährung haben und auch noch aus der Familie stammen, damit der Ekelfaktor reduziert wird. Easy – hab ich mir gedacht, denn in meiner Familie kommen dafür gleich zwei Personen in Frage: Zum einen wäre da die Mutter meiner Mutter, die sich mit 83 bester Gesundheit erfreut, nicht ein Medikament nimmt und einer der lebensfrohesten Menschen ist, die ich kenne. Zum anderen ist da die Tante meines Vaters, mittlerweile stolze 99 Jahre alt und noch immer ohne Gehstock. Da ich neulich erst in einem Paper in der Nature gelesen habe, dass unser Mikrobiom über die Generationen vermutlich mehr und mehr ausrottet, dachte ich, es sei eine fantastische Idee, mir den Stuhl einer dieser älteren Damen zu besorgen, um etwas von ihrer noch intakten vielfältigen Flora übernehmen zu können und quasi für die Nachwelt zu konservieren.
Gesagt getan, ich führte also ab und besuchte am nächsten Tag meine Großtante und verleibte mir ihren Stuhl ein. Die Prozedur ging völlig problemlos vonstatten. Problematisch war höchstens, dass Ältere gemeinhin Verstopfung haben und die Masse des Transplantats deshalb ziemlich gering ausgefallen war.
Am nächsten Tag rannte ich zwar 10 Mal auf’s Klo, dafür war aber meine Stuhlkonsistenz zum ersten Mal seit Monaten bei einer 4-5 auf der Bristol-Skala. Am nächsten Tag war die Konsistenz noch besser und auch die Frequenz. Ich wollte schon Freudensprünge machen, doch der nächste Tag schon holte mich wieder auf den Teppich zurück. So langsam lies die Konsistenz wieder zu wünschen übrig und heute, 2 Wochen später, habe ich schon wieder Blut im Stuhl. Diesmal kann ich es nicht einmal auf das Ibuprofen schieben, das bei mir vor einigen Wochen selbige Symptome hervorgerufen hatte. Es muss also etwas anderes sein.
Als ich bei meinen Recherchen die Mikrobiom-Datenbank des Tübinger Mikrobiom Projekts heranzog und die Kohorten von Normalos, Darmkranken und über-70-jährigen verglich, musste ich feststellen, dass sowohl Darmerkrankten als auch Älteren Menschen eben jene Proteobakterien fehlen, die Gesunde zu haben scheinen. Ich habe mir also mit der ganzen Aktion selbst ins Bein geschossen und habe vermutlich auch noch für ein stärkeres Ungleichgewicht in meinem Darm gesorgt, dank des Abführens vorher.
Seit gestern gibt es deshalb nur noch Zucchini- und Hokkaidosuppe mit viel guter Rinderbrühe (von grasgefütterten Rindern) und ich muss sagen, dass es heute schon viel besser geht als noch gestern. Ein kleiner Lichtblick – Ernährung hilft eben doch.