Wie fange ich an, mich gesund zu ernähren?
Da ich öfter gefragt werde, wie man sich denn am besten ernähren soll und die meisten bei der darauf folgenden Antwort direkt wieder aufgeben möchten, will ich hier versuchen einen kleinen Leitfaden aufzustellen, der die Veränderung vielleicht etwas weniger schwierig macht.
Veränderung ist immer mit Kraft verbunden. Unsere Gehirne sind so programmiert, dass sie mit allen Mitteln versuchen, ihren Energieverbrauch zu minimieren (Denken ist nämlich ziemlich teuer für den Körper) und das gelingt am besten, wenn man routiniert handelt und nicht mehr nachdenken muss. Wir verharren also naturgemäß am liebsten im Status Quo. Die gute Nachricht dabei ist aber: Wenn wir es erstmal geschafft haben, unsere alten Gewohnheiten durch neue Gewohnheiten zu ersetzen und diese zur Routine geworden sind, dann braucht es fast gar keinen Krafteinsatz mehr, um diese neuen Routinen beizubehalten. Irgendwo habe ich gehört, dass es 21 Tage dauert, um neue Gewohnheiten anzunehmen. Keine Ahnung ob das stimmt, aber diese Zeit solltet ihr euch auf jeden Fall nehmen.
Es gibt prinzipiell zwei Ansätze, wie man so eine Veränderung herbeiführen kann, die wahrscheinlich eine Typfrage sind. Entweder man springt ins kalte Wasser, reißt das Pflaster ab und ändert alles von heute auf morgen, oder man geht Schritt für Schritt vor und macht den Übergang dadurch weniger spürbar. Hier ein paar Ideen für den zweiten Ansatz:
1. Mehr Gemüse essen
Je nachdem, was eure Motivation oder Krankheitsgeschichte ist, ist die erste Maßnahme, die ihr ergreifen könnt, nicht etwas wegzulassen, sondern etwas hinzuzufügen. (Wenn ihr allerdings an einer Autoimmunkrankheit leidet, würde ich als erstes auf Gluten verzichten) Wie ich an anderer Stelle bereits erwähnt habe, ist Gemüse extrem wichtig für unsere Gesundheit und vielleicht der wichtigste Faktor in der Ernährung überhaupt (Für die Ärztin Terry Wahls war der Verzehr von 9 Portionen Gemüse am Tag der entscheidende Schritt zur Heilung von Multipler Sklerose). Für manche wird es schon eine Veränderung sein, zu versuchen bei jeder Mahlzeit mindestens eine Portion (etwa eine Tasse) Gemüse hinzuzufügen. Wenn dir nicht einfällt, wie man das Gemüse integrieren könnte, dann schneide einfach ein paar Möhren- und Gurkensticks oder eine Avocado, die man dazu knabbern kann. Alternativ kann man seinen Gemüsekonsum auch super durch Smoothies decken. Die Menge an Gemüse kannst du dann nach und nach steigern, bis du auf 5 Portionen und mehr am Tag kommst. Es gibt keine Obergrenze bei den Gesundheitsvorteilen von mehr Gemüse. Je mehr, desto besser. Und versuche, zu variieren. Bei jeder Mahlzeit Möhren zu essen wird nicht so viel bringen, wie bei jeder Mahlzeit etwas anderes zu essen.
2. Pflanzenöl durch Oliven- und Kokosöl ersetzen
Dies ist eine Veränderung, die eigentlich überhaupt keinen Aufwand bedeutet und trotzdem einen großen Unterschied machen kann. Sonnenblumenöl, Rapsöl und ‚Pflanzenöl‘ sind industriell hochverarbeitete Öle, die vollgestopft mit entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren und vor allem Transfettsäuren sind, die unserem Körper einfach nichts gutes tun. Das Öl wird aus diesen Pflanzen meist mit chemischen Verfahren und unter hoher Hitze entzogen, was seine Struktur verändert und für unseren Körper schwer verarbeitbar macht. Olivenöl hingegen ist ein wahres Wundermittel und möglicherweise mitverantwortlich für den guten Ruf der mediterranen Diät. Außerdem kann man Olivenöl tatsächlich recht hoch erhitzen (solange es nicht qualmt). Eine gute Alternative ist Kokosöl (ja, wirklich) oder auch Butter von grasgefütterten Kühen (z.B. Kerrygold).
3. Süßigkeiten durch Obst ersetzen
Auch das ist eine Maßnahme, die sich extrem einfach umsetzen lässt. Jeder hat irgendeine Obstsorte, die er besonders mag. Und wenn wir unsere Geschmacksnerven erstmal wieder umgewöhnt haben, stellt man fest, dass ein Stück Orange sehr viel besser schmeckt als ein klebriger Schokoriegel. Auch wenn ihr nicht auf Süßigkeiten verzichten wollt, gibt es immer bessere und schlechtere Alternativen im Supermarkt, aus denen ihr wählen könnt. Ihr könnt zum Beispiel die dunkle Schokolade nehmen, die keine Milch enthält oder aus dem großen Angebot von veganen und/oder rohköstlichen Energyballs etc. wählen, das es mittlerweile in jedem Supermarkt oder Drogeriemarkt gibt. Viele Hersteller sind mittlerweile auf den Gesundheitstrend aufgesprungen und bieten solche Alternativen an, die einfach weniger Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Emulgatoren usw. enthalten. Hier solltet ihr allerdings immer die Zutatenlisten studieren!
4. Knabberkram durch Nüsse ersetzen
Bei manchen ist es nicht der Süßhunger, der ihn umtreibt, sondern eher der Salzhunger. Statt Chips, Keksen o.Ä. kann man wunderbar Nüsse essen. Cashews, Paranüsse, (Erdnüsse sind eher nicht so toll), Walnüsse, Macadamias.. alle haben wunderbare Nährstoffe und manche davon sogar gute Omega-3-Fettsäuren (z.B. Walnüsse). Nüsse sind auch ein super Snack, den man mitnehmen kann, falls einen unterwegs der Hunger packt.
5. Statt Brot mit Marmelade lieber Eier mit Speck (und Gemüse) zum Frühstück
Klingt unglaublich, ist aber so: Aus Paleo-Sicht ist ein deftiges Frühstück mit Eiern in jedem Fall dem Brot mit Marmelade vorzuziehen. Zum einen steigt der Blutzuckerspiegel nach einer fettreichen, proteinreichen Mahlzeit nicht so stark an, was dazu führt, dass wir weniger schnell wieder Hunger haben, zum anderen sind Eier dem Brot mit Zuckerpaste nährstoffmäßig überlegen. Optimalerweise würde man natürlich das Ei mit viel Gemüse (z.B. Tomaten und Spinat) anreichern und beim Fleisch auf hohe Qualität achten.
6. Gluten durch Alternativen ersetzen
Wenn ihr an einer Autoimmunkrankheit leidet oder euer Darm schwer geschädigt ist, dann würde ich diesen Punkt wahrscheinlich als erstes empfehlen. Gluten führt nämlich im Darm dazu, dass Zonulin freigesetzt wird, was die Darmbarriere öffnet und alles Mögliche in unser Darminneres lässt, was dort nicht hingehört. Darauf reagiert unser Immunsystem mit einer Attacke auf alle möglichen Proteine, wobei auch unser Körper ins Kreuzfeuer geraten kann. Bei immunologischen Problemen ist es also nie eine schlechte Idee, Gluten aufzugeben, zumal es kein Nährstoff ist, den wir brauchen. In jedem Supermarkt gibt es mittlerweile eine Abteilung mit glutenfreien Produkten, aber eigentlich würde ich davon abraten, dort shoppen zu gehen, denn diese Produkten sind meistens auch vollgestopft mit allerlei unnötigem Kram, den keiner im Körper braucht. Macht lieber Gebrauch von natürlichen glutenfreien Alternativen, wie z.B. Reis, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Linsen, glutenfreien Haferflocken oder Reisnudeln (gibt’s in jedem Supermarkt in der Asia-Abteilung und enthalten nur Reis und Wasser). Auch aus Zucchini oder Spaghettikürbis kann man wunderbar Nudeln machen. Brot kann man aus Nüssen und Saaten backen oder eben durch Rührei ersetzen. Langfristig wäre es allerdings am besten einfach mehr Gemüse zu essen und das Getreide komplett wegzulassen. So bekommt ihr viel mehr Nährstoffe und Ballaststoffe bei gleichzeitig weniger Kalorien.
7. Iss mehr Fisch und grasgefüttertes Fleisch
Wenn man die ethische Fragestellung des Fischkonsums mal außen vor lässt, dann ist regelmäßiger Konsum von besonders fettem Fisch (Lachs, Thunfisch, Aal) sehr zu empfehlen. Fisch enthält viele Omega-3-Fettsäuren, die entzündungshemmend sind und in unserer heutigen Ernährung immer mehr verloren gehen, da Rinder heute mehr und mehr mit Getreide gefüttert werden. Durch das Getreide bilden sie hauptsächlich Omega-6-Fettsäuren in ihrem Fett. Wenn ihr allerdings beim Bauern eures Vertrauens an Rindfleisch kommt von Rindern, die ihr Leben lang Gras gefressen haben, dann ist das eine super Sache, denn auch diese haben ein günstiges Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6-Fettsäuren.
8. Fertigprodukte weglassen
Dies ist für manch vielleicht der schwierigste Punkt. Wenn ihr aber die Punkte 2 und 3 erfolgreich gemeistert habt, dann habt ihr schon einen großen Beitrag zu der nächsten Challenge geleistet: Nämlich die schlimmsten (oder besser alle) Fertigprodukte aus eurer Küche zu verbannen. Damit meine ich nicht nur die Tiefkühlpizza und die Dosenravioli, sondern auch Fertigsoßen, Frühstücksflocken und alles, was hochverarbeitet ist. Ihr könnt die schlimmsten Übeltäter daran erkennen, dass ihre Zutatenlisten aus mehr als 10 Zutaten bestehen, wovon 3 irgendwelche Zuckerarten und der Rest E-Nummern oder unaussprechliche Chemikaliennamen sind. Als Faustregel könnt ihr zum Beispiel folgende Regeln nehmen:
- Esst nichts, was mehr als 5 Zutaten hat
- Esst nichts, wo eine Zutat drin ist, die ihr nicht aussprechen könnt
- Esst nichts, wo eine Zutat drin ist, die ihr nicht als Lebensmittel identifizieren könnt
- Esst nichts, wo mehr als eine Art Zucker drin ist (Zuckerarten sind z.B. Glukose-Fruktose-Sirup, Matodextrin, Dextrose, etc. Mehrere Zucker nimmt man gerne, damit ‚Zucker‘ nicht die erste Zutat in der Liste ist)
Wenn ihr den letzten Punkt gemeistert habt, dann seid ihr schon seeehr nah dran an einer optimalen Ernährung, denn das bedeutet, dass ihr nun alles selber kocht und genau wisst, was in eurem Essen ist. Wenn ihr euch dadurch allein noch nicht besser fühlt und sich trotz dieser Veränderungen nach 1-2 Monaten an eurem Gesundheitszustand noch nichts verändert hat, dann braucht ihr vielleicht eine striktere Diät, wie das Autoimmunprotokoll oder die Spezielle Kohlenhydratdiät. Als nächstes auf der ToDo-Liste der perfekten Ernährung stünde dann: Innereien essen (vor allem Leber), Milchprodukte weglassen und Knochenbrühe trinken.
Aber was koche ich nun?
Wenn du keine Ahnung hast, wie du diese Punkte umsetzen sollst und nach Inspiration suchst, habe ich hier eine Liste von Rezepten verschiedener Blogs zusammengestellt, die sehr einfach sind und keine ausgefallenen Spezial-Zutaten brauchen.
Keine Panik!
Zuguterletzt will noch gesagt sein, dass es kein ‚Scheitern‘ auf diesem Weg gibt. Wenn du mal eine schlechte Entscheidung getroffen hast, dann ist das halt so und kein Grund für Schuldgefühle oder gar für’s Aufgeben. Einfach weitermachen. Jedes Brokkoliröschen und jeder Apfel ist ein Pluspunkt auf deinem Gesundheitskonto und macht auch dann Sinn, wenn du keine einzige der anderen Empfehlungen verfolgst. Tu einfach genauso viel wie du kannst, ohne frustriert zu werden. Denn diese negativen Gedanken könnten noch schädlicher für deinen Körper sein als jede Besuch bei McDonalds. 🙂